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Australische
Reisenotizen
Man sagt
den Australiern kein grosses Interesse an Kultur nach, umso mehr aber
für Sport. Nach Angaben mancher Reiseführer ist das Thema Sport
beim Grillen (australisch: barbie für barbecue) bei Männern
der Hauptgesprächstoff. So manchen australischen Sportarten wie Cricket
kann man jedoch als Mitteleuropäer kein Interesse abgewinnen. Das
Wort für ihre Fussballer jedoch ist herrlich: Es sind ihre Socceroos.
Früher war Fussball nicht so populär, seit dem Confederation
Cup 2005 in Deutschland und auch der Weltmeisterschaft 2006 ist es jedoch
gestiegen. Beim Betrachten unserer Flugbegleitertruppe der Boeing 747-400
frage ich mich jedoch, ob sie wohl sportlich aktiv sind.
Die Frage jedoch wird schnell beantwortet. Beim Einsammeln der Sauna-Tücher
geht der Steward mit seinem Körbchen durch die Kabine und fragt:
"Wer ist ein guter Werfer?" Nach dem Frühstück werfe
ich beim Einsammeln des Geschirrs meine Serviette hinterher. Kommentar
eines Stewards: "Good shot!"
Auf derartige Kommentare müsste man auf deutschen Linien lange warten.
Also der erste Hinweis auf australischen Sportsmanship.
Sydney
Ein wolkenverhangener
Himmel empfängt uns in Sydney. Nach dem schwül-warmen Klima
in Singapur erst einmal ein Schock. Keine Spätfrühlingsstimmung,
es ist kühl und es weht ein kräftiger Wind. So haben wir es
eigentlich gerade zu Hause hinter uns gelassen.
Erste Aufregung am Flughafen - ein Mitglied unserer kleinen Reisegruppe
vermisst seinen Koffer. Nach einigem Warten stellt sich erleichternd für
den Beteiligten heraus: Er ist da, er ist nur vom Band geflogen.
Nächstes Problem: Die Stecker passen nicht, aber der Akku vom tragbaren
Computer muss aufgeladen werden. Die Adapter aus Namibia, in Swakopmund
erworben, passen hier nicht, obwohl sie in Singapur noch ihren Zweck erfüllten.
Australien hat offenbar seine eigenen Verbindungen und schert damit etwas
aus der englisch sprechenden Zone aus. Im gleich um die Ecke befindlichen
Convenience-Shop gibt es den nötigen Adapter. Und dazu auch noch
das im Hotel notwendige Verbindungskabel zwischen Computer und DSL-Netz,
da kein W-LAN vorhanden ist,
Heute ist der 4. November 2008. Ein bedeutsamer Tag. Natürlich, wird
jeder sagen, es sind ja Wahlen in den USA - Obama gegen McCain. Nun ja
das auch, aber es gibt für uns Hessen noch ein wichtigeres Ereignis.
In Wiesbaden soll es zum entscheidenden Tag für Andrea Ypsilanti
kommen. Die ersten Informationen sickern schon durch, die Wahl scheint
gescheitert zu sein. Erleichterung bei den meisten - das hätte Hessen
denn doch nicht verdient. Der Besuch im Internet am Abend bestätigt
die Gerüchte und präsentiert uns in down under die Auftritte
von Ypsilanti und Koch.
Aber ist gibt offenbar noch ein grosses Ereignis, hier in Australien,
dieser sportbegeisterten Nation, an dem niemend in Deutschland den geringsten
Anteil nimmt. In Melbourne ist heute ein Tag mit verschiedenen Pferderennen
und die Australier als wettfreudiges Volk setzen teilweise hohe Summen
auf verschiedene Pferde. Das grösste und wichtigste Rennen findet
am frühen Nachmittag statt und die Kneipen und Restaurants sind voll:
Man will seinen Gewinn feiern - oder seinen Verlust. Auf den Strassen
der Innenstadt von Sydney sieht man junge Damen mit grossen Hüten
und trotz der kühlen Witterung leichten, ausgeschnittenen Kleidern,
eventuell noch mit einem Chiffon-Schal geziert, und hohen Stöckelschuhen
auf dem Weg in irgendein Restaurant zu trippeln. Ascot lässt Grüssen,
man hat doch vom ehemaligen Mutterland, das dereinst seine Strafgefangenen
hier aussetzte, einiges an Sitten, Unsitten und Gebräuchen übernommen.
Der Jetlag und der wenige Schlaf - eine Hotelnacht in Singapur und zweimal
im Flieger die Nacht verbracht, da stellen sich die ersten Ermüdungserscheinungen
ein.
Das trübe Wetter lässt zwar trotzdem die Harbour-Bridge gewaltiger
erscheinen als man sie von den Fotos kennt und auch das Wahrzeichen der
Stadt, das Opernhaus, kann seine Schönheit ohne Sonnenlicht nicht
ganz so entfalten. Unsere deutsche Führung im Bus gibt sich zwar
grösste Mühe bei ihren Erklärungen - aber vieles rauscht
an der müden Reisegruppe einfach vorbei.
Um ehrlich zu sein: Trotz aller Vorstellungen, die man durch Gelesenes
oder Gehörtes mitgebracht hat, die Innenstadt von Sydney kann nicht
begeistern. Das hängt wohl mit meiner Grossstadt-Abneigung zusammen.
Zuviel Beton, zu viele Hochhäuser, zuviel Kommerz. Auch das Bankenviertel
in Frankfurt hat einen Charme, der gegen Null geht. Vielleicht kommt als
Sekundär-Faktor noch das nicht gerade einladende Wetter und die Müdigkeit
hinzu. Sonnenschein und ein waches Auge bringen überall mehr Farbe
und Interesse hinein.
Die Oper
von Sydney
Neben
der Hauptstadt von Brasilien, konzipiert vom noch lebenden Archtiekten
Oskar Niemeyer, ist die Oper von Sydney das einzige Bauwerk, das in den
Katalog des Weltkulturerbes aufgenommen wurde, dessen Archtitekt bei der
Fertigstellung zwar noch lebt, aber im Unterschied zu Niemeyer sein eigenes
Bauwerk in der Vollendung nie gesehen hat.
Ein Jammer, denn sein Bauwerk ist das Wahrzeichen von Sydney geworden.
Das Logo oder das Bild assoziiert man sofort mit Australiens heimlicher
Hauptstadt.
Zu Hause spielte ich mit dem Gedanken, einmal eine Aufführung in
der Oper zu sehen.
Aus der Ferne, das heisst auf Bildern, schien das Gebäude nur einen
Saal zu beherbergen. Bei einer Führung am Morgen zeigte sich jedoch,
welche Dimensionen sich darin verbergen. Ein riesiger Konzertsaal für
rund zweitausendsechshundert Personen. Die Deckenarchitektur, wie ein
vielflügeliger Schmetterling in Holz konzipiert, lässt eine
Leichtigkeit der aufsteigenden Musik vermuten. Beethovens Fünfte
Symphonie oder Smetanas Moldau oder auch die "Symphonie aus der Neuen
Welt" bekämen hier eine ganz andere Qualität, so als würden
sich Architektur und Musik zu einem Erlebnis, zu einer Symbiose vereinen.
Es gibt jedoch noch einen weiteren kleinen Konzertsaal und zig andere
Räume für Theater und sonstige Veranstaltungen.
Wer nunmehr glaubt, das wäre alles, wird angenehm enttäuscht.
Wirft man einen Blick vom Wasser her, so ist das so spielerisch leichte
Gebäude zweigeteilt. Der linke Bereich enthält das Opernhaus.
Das Glück wollte es, dass am nächsten Abend für eine Ballett-Veranstaltung
in der Oper noch Plätze frei waren. Kurz entschlossen dieses Angebot
beim Schopf gefasst - man kommt nicht alle Tage nach Sydney.
Eine besondere Ballett-Veranstaltung - nichts Konventionelles. Drei Choreographen
stellen ihre Schöpfung dar.
Es ist nicht nur die Musik und die Tänzer, die den Abend zu einem
Erlebnis machen. Es ist der Gesamteindruck, es ist die Lage. Welch ein
Anblick!
Im Westen, irgendwo hinter der Harbour-Bridge nähert sich die Sonne
dem Horizont und wirft ihre warmen Strahlen auf die Fenster der gegenüber
liegenden Häuser, die wiederum einen Glanz auf das Wasser vor dem
Operngebäude werfen.
Eindrucksvoll die Atmosphäre in den zwei Pausen. Die erleuchtete
Harbour Bridge und die Schiffe mit ihren Lampen geben ein wundervolles
Bild. Und dann noch etwas Besonderes: Ein Blick nach oben macht staunen:
Im Licht der angestrahlten sphärischen, zum Wasser hin offenen Dreiecke
ziehen rund hundert Kakadus, weiss wiederleuchtend, ihre Kreise im Licht
des Halbmonds. Seltsam - kaum ist die Vorstellung beendet, verschwinden
die Kakadus, als hätten sie nur als Zugabe zur Musik ihre Flugschau
gedacht. Ob sie die Schwingungen aus dem Inneren gespürt oder gar
gehört haben?
Wo in der Welt gibt eine solche Synthese zwischen geografischer Lage und
architektonischer Raffinesse? Gewiss, das Innere atmet eine strenge Sachlichkeit
- keine Nostalgie wie vielleicht in der Mailänder "Scala"
oder im venezianischen "Fenice". Jedes Kunstwerk ist eben Abbild
seiner Zeit und die Oper Sydney wurde erst im Jahr 1972 eingeweiht. Die
Frankfurter "Alte Oper" hingegen hat wiederum ihren eigenen
Stil: Renoviertes äusseres Althergebrachtes verbunden mit einer inneren
modernen Sachlichkeit.
Solche Abende geben der Seele Auftrieb.
Draussen am Kai sitzen Menschen in den Restaurants und Gaststätten
und geniessen den kühler werdenden Abend. Irgendwie scheinen die
Aussies, wie sie sich selbst liebevoll nennen, unempfindlicher gegen die
Kühle zu sein, denn viele der Damen sitzen noch immer im schulterfreien
Kleid an den Tischen draussen, wo wir schon am liebsten den Pullover überziehen
möchten.
Am nächsten
Tag steht ein Ausflug in die Blue Mountains im Programm und dann am übernächsten
Tag natürlich der Flug zum Ayers Rock oder Uluru, wie ich ihn die
Aborigines bezeichnen, als lang ersehnter Höhepunkt jeder Reise nach
down under.
Morgenglühen am Ayers Rock (oder auch Uluru, wie er in der Sprache
der
Aborigines heisst).
Der Höhepunkt jeder Australienreise.
Am Abend vorher hatte es mitten in Australien geregnet.
Einige Flüsse waren über die Ufer getreten.
Aber am Morgen zeigte sich der Magische Ort in all seiner Farbenpracht.
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