Dr. Dietrich Volkmer

Neues Buch:

Die Odyssee
Eine psychologische Reise nach Ithaka

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Unterwegs auf Ithaka - ein Reisebericht
 
  

Die Insel Ithaka ist eine der kleinsten Inseln in der vielfältigen Inselwelt der Griechen – und doch eine der berühmtesten, wenn nicht gar die berühmteste. Die in der Neuzeit des Tourismus modern gewordenen Inseln Santorin oder Mykonos können ihr nicht das Wasser reichen. Denn Homer hat ihr mit seiner „Ilias“ und seiner „Odyssee“, immerhin vor rund 2800 Jahren geschrieben, ein literarisches Denkmal gesetzt, das noch bis heute nachklingt.
Im Grunde genommen nicht der Insel selbst, sondern ihrem Herrscher Odysseus, der mit viel List die Achäer vor Troja zum Sieg führt, der die grossen Helden Ajax und Achilles überlebt und nach zehn Jahren Kampfgetümmel eigentlich eine friedvolle Heimfahrt verdient hätte, aber von Poseidon noch einmal weitere zehn Jahre durch vielfältige Gefahren und Prüfungen abgestraft wird.
Derweil wartet auf seiner Heimatinsel die ihm in Treue ergebene Gattin Penelope, die sich zum Schluss der Geschichte des Werbens einer Reihe von aufdringlichen Freiern erwehren muss, die im Glauben leben, Odysseus hätte längst den Totenfluss Styx überquert und vegetiere als bleicher Schatten im Hades.
Aber wie wir wissen, kehrt er heim und macht mitsamt seinem Sohn Telemach und dem ihm in Treue verbundenen Schweinehirten Eumaios dem haltlosen Gebaren der Freier, die tagtägliche Sauf- und Fressgelage auf Kosten der Familie Odysseus veranstalten, ein grausames Ende.


Sicht auf Ithaka von Kephalonia aus

Ithaka hat keinen eigenen Flugplatz und ist daher vom Massentourismus weitgehend verschont geblieben. Wer sich auf die Reise nach Ithaka aufmacht, hat alles andere Sinn als Badeurlaub oder Disconächte. Ihn reizt vielmehr der Mythos der Insel sowie die Wanderungen durch eine ursprüngliche Natur. Wie dereinst Odysseus – allerdings nicht auf einem Ruderschiff der Phäaken – nähert man sich der Insel auf dem Wasser. Von den Nachbarinseln Lefkas und Kephalonia sowie vom Festland gibt es Fähren zu ingesamt drei Fährhäfen der Insel.
Da es von Deutschland aus keine direkten Buchungen nach Ithaka gibt und die Fluglinie AeroLloyd, die früher die Nachbarinseln anflog, insolvent geworden ist, erweist sich die Anfahrt etwas umständlicher.

Wir wählen diesmal den Weg über den Peloponnes und weiter mit der Fähre zur Insel Kephalonia – ein Glücksfall, denn wir geraten in eines der urwüchsigsten kleinen Hotels der Insel. Inmitten von schattigen Bäumen führt die Schweizerin Susanne mit ihrem Mann Vangelis eine Pension und zugleich eine abends geöffnete Taverne namens Trifilli (www.trifilli.com) im kleinen Ort Lourdata, nicht weit vom Meer entfernt. Ein rührender, umsichtiger und freundlicher, fast familiärer Service umfangen den Gast.
In der Nähe, für eine kleine Wanderung gut geeignet, befindet sich Stella Vineyard (www.stellavineyard.gr), ein kleines Weingut von Colette und Lefteris betrieben, die aus Kanada nach Griechenland zurückkamen.
Aber wir müssen und wollen alles für fünf Tage verlassen, denn unser Ziel heisst Ithaka.
Wie bereits vor einem Jahr, als wir von der Insel Lefkas kamen, hat die Annäherung an Ithaka einen besonderen Reiz. Es ist die wiederholte Erwartung des Neuen und das Hinter-sich-lassen des Alten.

Die Insel Ithaka

Allein die Form der Insel ist ungewöhnlich: Wie auf der Abbildung zu sehen, besteht sie aus einem Nord- und Südteil, die durch einen schmalen Isthmus getrennt sind, der an seiner dünnsten Stelle gerade mal 650m breit ist. Insgesamt beträgt die Grösse der Insel nur 96 qkm; die grosse Nachbarinsel Kephalonia, die wie eine Mutter das kleine Ithaka umfasst, übertrifft sie um das Achtfache. Die Einwohnerzahl von rund 3000 erhöht sich nur in den Sommermonaten auf rund 6000. Früher waren es mehr, aber nach dem verheerenden Erdbeben im Jahr 1953, bei dem der Grossteil der Häuser zerstört wurde, haben viele Einwohner die Insel verlassen und sind nach Südafrika, Australien oder Amerika ausgewandert.
Im Süden der Insel befindet sich die kleine geschäftige Hauptstadt Vathi, um die langgestreckte, eingezogene Bucht wie ein Amphitheater gelegen (s. Abbildung ).

Sicht auf die Bucht der Hauptstadt
Vathy vom Katharo-Kloster aus

Einige Hotels, Pensionen und Tavernen sorgen für Unterkunft und für leibliches Wohl der Besucher.
Die Taverne per se ist eine der löblichsten griechischen Erfindungen: So bieten die meisten Strandtavernen und auch andere Tavernen einen Service, der morgens um 10 Uhr beginnt und oft erst in den späten Abendstunden endet.

Wanderungen auf Ithaka
Es dürfte verständlich sein, dass der Odysseus-Mythos immer wieder auf der Insel durchschimmert. So führt uns die erste Wanderung zur Arethusa-Quelle. Hier soll der Legende nach der treue Schweinehirt Eumaios seine Schweine getränkt haben. Ihn suchte der listenreiche Odysseus nach seiner Ankunft mit Hilfe der Göttin Athene (die mit den strahlenden Augen, wie Homer schreibt) auf Ithaka auf, um seinen Plan, die Freier aus seinem Palast zu vertreiben, zu verwirklichen. Ein schmaler Pfad, auf griechisch Monopati genannt, führt hinab in Richtung Meer. Ithaka ist wie alle ionischen Inseln im Gegensatz zu den ägäischen Inseln eine grüne Insel. Um diese Zeit war noch kein Wanderer vor uns unterwegs, so dass die Spinnennetze, die die Tiere nächtens über den Pfad gewoben haben, ständig mit einem Stock durchtrennt werden müssen, damit sie nicht ständig mitsamt den Spinnen am Körper kleben bleiben.
Nach rund einer Dreiviertelstunde ist man an der Quelle, die am Beginn einer Schlucht sprudelt. Auch zu dieser Quelle gibt es eine Legende: Ein hübscher Jüngling fiel bei einer Jagd die Felsen hinab. Die Nymphe Arethusa war darüber so untröstlich, dass sie vor ihrem Tod so viele Tränen vergoss, aus denen die Quelle entstand.
Die Griechen haben offenbar eine völlig andere Beziehung zu ihrer Heimat als die Deutschen. So gibt es in Australien einen emeritierten griechischen Professor, der neun Monate des Jahres auf seine Heimatinsel Ithaka zurückkehrt und sich hier um die Pflege und den Ausbau der Wanderwege zu kümmern.
In der Nähe von Vathy liegt auch der Phorkys-Strand: Hier haben die hilfreichen Phäaken Odysseus, den Heimkehrer, an Land gesetzt. Nicht weit entfernt davon ist auch die berühmte Nymphen-Grotte, in der der Listenreiche die Geschenke des Königs Alkinoos deponierte, leider ist sie zur Zeit nicht begehbar.


Denkmal Odysseus
Ein weiterer interessanter Wanderweg führt von dem auf dem Nordteil gelegenen Örtchen Stavros in Richtung „Schule des Homer“. Man parkt am besten auf der Platia von Stavros, auf dem sich auch ein Denkmal von Odysseus befindet und gleich nebenan eine Tafel mit den zwölf (angenommenen) Stationen seiner zehnjährigen Heimreise.
Nach ungefähr 700 Metern weist ein Schild auf das Archäologische Museum hin, das man auf keinen Fall versäumen sollte. Denn hier befindet sich der einzige Hinweis auf einen historischen Odysseus. Eine Tonscherbe zeigt die Inskription „dem Odysseus geweiht“.

Karte auf der Platia von Stavros mit den angenommenen Reisestationen von Odysseus

An diesem Morgen sind wir um kurz nach neun Uhr die ersten Besucher und so hat Fotini, die Wärterin des Museums Zeit, sich uns zu widmen. Mit viel Liebe und Hingabe erklärt sie uns die wenigen Vitrinen. Neben der Odysseus-Scherbe sind es besonders einige Ausstellungsstücke, die beeindruckend sind: Tränen-Gefässe, in denen die Tränen der Hinterbliebenen und Trauernden gesammelt wurden und dem Verstorbenen als Grabbeigabe mit auf den Weg gegeben wurden.
Fotini ist in Südafrika geboren und vor vierzig Jahren in ihre Heimat zurückgekehrt. Sie hat noch eine zweite Aufgabe: Wenn irgendwo gebaut wird, überwacht sie, ob eventuell archäologische Funde zu Tage treten. Dann ist das Museum vorübergehend geschlossen.
Ein wenig weiter steht auf der rechten Seite ein Schild mit der Aufschrift: Archäologische Stätten. Ein herrlicher Weg, das Frühjahr entfaltet seine schönste Blumenpracht. Der leuchtend-gelbe Ginster beginnt mit der Blüte und verströmt einen betörenden Duft, grosse Buschgrupppen säumen rechts und links den Weg. Olivenbäume, Zypressen und Steineichen sind auf vorherrschenden Baumarten. Und fast immer schaut man auf dieser kleinen Insel auf das blaue Meer. Es ist zudem die grandiose Ruhe, die den Wanderer umfängt. Man setzt sich unter einem Olivenbaum zur Rast und hört fast nichts als das Summen der Bienen, das Glöckchen einer Ziege, das Krähen eines Hahnes und in der Ferne auf dem Meer, ganz leise und fast unhörbar, das Wummern eines Schiffsdiesels eines der vielen Schiffe, die zwischen den Inseln und dem Festland verkehren.
Unweigerlich kommt dem Griechenland-Freund das Buch von Nikos Kazantzakis in den Sinn: „Zauber der griechischen Landschaft“.

Nach rund 10 Minuten findet man das Schild: Schule des Homer. Ein schmaler Pfad führt einige Meter hinauf zu Ausgrabungen und Ruinen.
Es ist eines der drei Stätten, an denen der Palast von Odysseus gestanden haben soll. Ein wahrer Streit unter den Archäologen: In der Nähe ist noch ein Ort, an dem er gewesen sein soll. Schliemann, der nach seinen genialen Funden bei Troja und Mykene hier wohl sein Erfolgstrio komplettieren wollte, suchte südlich der schmalsten Stelle von Ithaka, man sieht die Ausgrabungen, wenn man zum Fährhafen von Piso Aetos fährt.
Den wahren Beweis sind aber bislang alle Grabungen schuldig geblieben. Aber ist es nicht anderseits herrlich, wenn noch irgendetwas in der Phantasie der Menschen erhalten bleibt?
So kann man sich in seinen Vorstellungen ausmalen, wie es gewesen sein muss im Palast des Odysseus: Der grosse Saal voller Freier, die auf Kosten des Hauses schmausten und sich über den „armen“, verkleideten Bettler Odysseus lustig machten. Und inmitten dieser Schmarotzer die treue Gattin Penelope und der junge Telemach, den sein Vater nur als Kind gesehen hatte. Es gibt sogar Behauptungen (daher auch der Name), dass Homer hier ein Teil seines Lebens verbracht und gelehrt haben soll, denn seine geographischen Angaben sind immer wieder erstaunlich – aber das dürfte wohl frommes Wunschdenken lokalpatriotischer Archäologen sein.
Der Weg endet irgendwann an einem Gatter, ein schmaler Pfad führt zurück durch Büsche und Bäume hinab zum kleinen Ort Kalamos mit seiner Quelle. Eine Inschrift besagt: Wer von diesem Wasser trinkt, kommt wieder nach Ithaka.
Im Norden zeigt sich die Küste der Insel Lefkas, wo sich der Sage nach die Dichterin Sappho aus Liebeskummer von einer Klippe gestürzt haben soll.
Nicht allein die Naturschönheiten sind es, die den Zauber eines Reiseziels ausmachen, auch nicht der Mythos allein. Es sind die Menschen, die man antrifft, die wie Farbkleckse die Würze einer Begegnung ausmachen.
Wer den kleinen Ort Stavros besucht, sollte unbedingt einen Besuch der Taverne Polyphemos in sein Programm einbeziehen. Keine Angst, es erwarten den neugierigen Besucher keine einäugigen Kyklopen, sondern ein liebevoll mit vielen Kleinigkeiten gestalteter Garten, der von der Schweizerin Monika mit ihrem Lebensgefährten Lazaros betrieben wird. Auf der Speisekarte findet man viele ungewöhnliche Gerichte. Wir sind mittags die letzten Gäste und so hat Monika etwas Zeit für einen Plausch.
Unterhalb von Stavros befindet sich der winzige Hafen Polis: Von hier aus soll Odysseus mit seinen Schiffen nach Troja aufgebrochen sein, um den Raub der schönen Helena zu rächen.
Auch Penelope findet ihren Widerhall in einer Taverne am kleinen Hafen von Frikes, wo die Fähren von der Nachbarinsel Lefkas anlegen. Der Wirt Staphis ist immer gute Laune und bringt singend und mit viel Charme die Getränke und Gerichte an den Tisch.

Reisen können einen Menschen formen, ändern oder sein Bewusstsein erweitern können, wenn er mit offenen Sinnen sich dem Gegenübertretenden widmet.

Barbara alias Penelope
Wo bleibt Odysseus?

Überall auf der Welt warten Menschen auf irgendetwas.
Penelope ist ein Beispiel für unentwegtes, hoffnungsvolles Warten. Wie oft mag sie aufs Meer hinausgeschaut haben, immer in der Erwartung, ein sich blähendes Segel könnte die Heimkehr des Odysseus bedeuten. Barbara, eine junge Griechin aus Vathy, vom Hotel Mentor, erklärte sich bereit, einmal in die Rolle der hoffenden, suchenden, wartenden Penelope hineinzuschlüpfen und ihren Blick aufs Meer zu richten.

Ithaka als Wort aber, als Symbol, als Ziel ist weitaus mehr.

Blick auf Vathy
Im Hintergrund das Hotel Mentor

Daher bedeutet diese Reisebeschreibung zugleich so etwas wie eine formale Basis für einen Vortrag auf dem CoMed-Congress im Oktober 2004.
Thema: Ithaka – eine Reise zu sich. Psychologische Aspekte der Odyssee.

Der griechische Dichter Konstantinos Kavafis hat es in seinem Gedicht „Ithaka“ ein wenig anklingen lassen: Hier die ersten Zeilen:

Wenn du auf die Reise nach Ithaka aufbrichst,
wünsch dir, dass der Weg sich lange ziehen möge,
voll Abenteuer, voll Erkenntnis.
Vor Lästrygonen, vor Kyklopen,
vor dem zornigen Poseidon habe keine Angst,
derlei wirst du auf deiner Reise niemals finden,
wenn nur dein Denken hoch, wenn erlesene
Ergriffenheit dir Geist und Körper anrührt.
Den Lästrygonen und Kyklopen,
dem wilden Poseidon wirst du nicht begegnen,
wenn du sie nicht selber in deiner Seele mitschleppst,
wenn deine Seele sie nicht vor dir aufpflanzt

Die Inseln des Ionischen Meeres und der Ägäis sind Inseln der Wehmut und der Sehnsucht zugleich. Auf der einen Seite das wehmütige Gefühl, eine Insel, die man lieben gelernt hat, zu verlassen, auf der anderen Seite taucht aber aus der Bläue des Meeres die nächste Insel, das nächste Ziel auf.
Ithaka bleibt im Kielwasser der Fähre „Agia Marina“ zurück.
Ob wir wohl wiederkommen?
Wir haben das Wasser der Quelle von Kalamos getrunken.

Dr. Dietrich Volkmer
www.volkmer.de

Empfehlenswerter Reiseführer: Kefalonia & Ithaka, 2004, Michael Müller Verlag, 15.90 EUR

Weitere lesenswerte Literatur des Verfassers (Nähere Informationen unter www.drvolkmer.de unter Literatur)

Dr. D. Volkmer
Die Odyssee
Eine psychologische Reise nach Ithaka

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Vor rund 2800 Jahren schrieb der antike Dichter Homer die beiden Epen "Ilias" und "Odyssee".
Dieses Buch unternimmt den Versuch, Odysseus auf seiner Heimfahrt zu begleiten und die Umstände dieser phantasiereichen Reise unter psychologischen Aspekten ein wenig näher zu beleuchten.
Denn die "Odyssee"
ist mehr als nur eine Abenteuerreise, sie ist ein Weg zur Bewusstwerdung.

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In diesem Buch setzt sich der Autor mit den verschiedenen Theorien über die Entstehung unseres Universum auseinander, mit den Schöpfungsmythen der antiken Völker sowie der Schöpfungsgeschichte der Bibel und versucht vor allem, den wissenschaftlichen Anspruch eines „Urknalls“ etwas in Frage zu stellen.
Erschienen bei Books on Demand, 2006, ISBN Preis 18.50 EUR

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