San Diego – südkalifornische
Perle am Pazifik
Wer glaubt, bei dem
Ort San Diego handele es sich, nach europäischen Massstäben
gemessen, um einen kleinen verträumten Ort mit Pazifik-Flair, der
irrt.
San Diego ist eine Grossstadt, sogar nach Los Angeles die zweitgrösste
Stadt Kaliforniens mit rund 1.3 Millionen Bewohnern. Schon der Anflug
auf die Stadt, mitten über die Vorstädte, lässt die Grösse
der Stadt erahnen. Tausende von in Reih und Glied stehenden Häuschen,
die in das Umland hineinquellen, zeigen den Expansionsdrang der Stadt,
die nur rund zwanzig Autominuten von der mexikanischen Grenze entfernt
liegt.
Wie der Name schon sagt, geht die Gründung der Stadt auf die Spanier
zurück, die unter dem Portugiesen Cabrillo im Jahr 1542 an dieser
Küste landeten. Im Jahr 1602 erhielt die Bucht von einem weiteren
spanischen Eroberer nach dem Heiligen San Diego de Alcala ihren jetzigen
Namen.
Als die amerikanische Marine hier Anfang des 20. Jahrhunderts einen ihrer
wichtigsten Pazifik-Häfen anlegte, erlebte die Stadt einen starken
Aufschwung.
Freunde von uns wohnen schon seit einigen Jahren in La Jolla, einem Fast-Stadtteil
von San Diego. Und so nahmen wir eines Tages die immer wieder ausgesprochene
Einladung zu einem Besuch für eine Woche an.
Nach dem Jetlag des Ankunftstages versuchten wir den Folgetag weitgehend
unter klarem Himmel zu verbringen, da Licht und Sonne die zeitliche Umgewöhnung
von immerhin neun Stunden Zeitdifferenz erleichtert.
So
führt uns der erste Weg über die Coronado-Brücke auf die
gleichnamige Halbinsel zum Hotel del Coronado, eine der Hauptattraktionen
von San Diego. In seiner originellen, in drei verschiedenen Bauphasen
errichteten Form ist es mit dem breiten Sandstrand davor ein Muss für
Touristen. Bekannt ist es vor allem durch den Film „Manche mögen’s
heiss“ mit Marilyn Monroe.
Die nächste Sehenswürdigkeit ist der Balboa Park, eine Ansammlung
von Museen und Pflanzen. Der Stil der Gebäude verwirrt erst einmal
den stilistischen Puristen, der vergebens in seiner mentalen Sammlung
nach Ähnlichem sucht. Es ist eine Mischung von spanisch-kolonialem
Baustil mit Elementen des Barock, und als ob das noch nicht genug wäre,
kriegten auch noch die Pueblo-Indianer und Mayas ihren kulturellen Anteil
am Baustil. Interessant ist für den Pflanzenkundigen das Botanische
Gebäude: Ein offenes Gewächshaus mit Orchideen,
Palmen und Gingko-Bäumen. An Gewürz- und Aromapflanzen steht
die originelle Aufforderung: Touch and smell – was die Besucher
auch mit Freuden tun.
In
einem der Gebäude befindet sich das originelle Restaurant „Prado“,
in dem man wunderbar im Freien sitzen kann und die Märzsonne bei
phantasievollen Gerichten und kühlem kalifornischem Wein geniessen
kann.
Eingebettet in den Balboa Park ist der Zoo von San Diego, der –
ohne zu übertreiben – wohl einer der schönsten, wenn nicht
gar der schönste Zoo der Welt ist. Während andere Zoos der Welt
unter Platzmangel zu klagen haben, sind hier auf 40 Hektar über 4000
Tiere untergebracht. Einmalig ist auch der große Auslauf, den die
Tiere hier haben und nicht in allzu kleine Käfige oder Gehege eingeengt
sind. Eine besondere Attraktion ist einmal die Koala-Bären-Kolonie,
eine der größten ausserhalb Australiens. Wie alle Koala glänzen
sie die meiste Zeit durch Nichtstun – das heisst, sie hocken in
irgendeiner Astgabel und verschlafen den Tag. Man muß sich in der
Tat fragen, was sich die Natur oder Evolution bei der Erschaffung dieser
kleinen putzigen Eukalyptus-Blatt-Futterer gedacht hat.
Die
zweite grosse Attraktion sind die Panda-Bären, deren jüngster
Spross gerade sieben Monate alt ist und aktiv in den Bäumen herumackert,
von einer Video-Kamera ständig auf eine grössere Leinwand projiziert.
Für den Besuch dieses Zoos sollte man unbedingt einen Tag einplanen,
denn die Wege, Pfade und Treppen erfordern viel Zeit und es gibt in der
Tat viel zu sehen.
Auffällig sind, wie in allen Parks der USA, die vielen, für
uns Europäer unverständlich umfangreichen Menschen, meistens
weiblichen Geschlechts. Was muss man nur tun oder nicht tun, um derartige
Unförmigkeiten zu erzielen. In einem Zeitungsbericht war vor kurzem
zu lesen, dass fast fünfzig Prozent der Amerikaner Übergewicht
haben. Und schaut man sich einmal in Deutschland richtig um, so kann man
sich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir irgendwie auf einem ähnlichen
Weg sind mit allen Folgen für das ohnehin bis an seine Grenzen strapazierte
Gesundheitssystem.
Plakat am Zoo-Eingang
Das im Reiseführer extra erwähnte Horton Plaza, ein im Jahr
1985 erbautes Einkaufszentrum, eine Mischung zwischen Hundertwasser und
Postmoderne, lohnt eigentlich nur einen Besuch, wenn man gezielt einkaufen
möchte, ansonsten strahlt es die Langeweile aller Zentren aus. Auch
die vielen Restaurants entpuppen sich bis auf eines als American Fast
Food vom Feinsten.
Im Windschatten hoher Häuser des Hyatt-Hotels ist an der Stadtseite
der San Diego Bay das Seaport Village angesiedelt. Es ist der eher zaghafte
Versuch, so etwas wie Gemütlichkeit und Authentizität eines
alten Hafens herbeizuzaubern. Ein kurzer Rundgang durch die Pavillons
mit ihren Souvenir-Läden und Restaurants lohnt, originell ist das
wie eine alte Bretterbude aussehende Pier Café – man sollte
einmal einkehren, wenn man noch einen Platz ergattert.
Wenn man schon in der Gegend ist, sollte man die wenigen hundert Meter
bis zum Schiffahrts-Museum machen, das sich in Form des Flugzeug-Trägers
„Midway“ präsentiert.
Der Rundgang zeigt die Enge der Kojen und die Beschränktheit der
Spinde der Besatzung. Verglichen mit den „Bequemlichkeiten“
auf einem U-Boot ist dies aber fast luxuriös zu nennen. Im riesigen
Flughangar ist jetzt hinten ein grosser Souvenir-Laden untergebracht mit
einem Self-Service-Restaurant. Mitten im Hangar sind rund vierzig Tische
für ja 10 Personen mit eingedeckt, sogar die Blumen fehlen nicht
in der Mitte des Tisches – wir nehmen an, irgendeine Festivität
für verdientes Militär.
Interessant ist das obere Flugdeck. Ein pensionierter Marinesoldat oder
gar Flieger erklärt vor einer „Phantom“ die Bedingungen
für einen Anflug auf den Träger an Hand von kleinen Tafeln.
Wahrlich, eine nervenaufreibende Tätigkeit, die man wohl nicht mehr
mit über 40 Jahren ausüben kann. Einige Hubschrauber und neuere
Flugzeuge wie eine F 14 und eine F 18 runden den Fliegerpark ab.
Es
gibt den schönen Song aus früheren Jahren „It never rains
in Southern California“. Ausgerechnet während unserer Besuchszeit
Anfang März scheint sich das Wetter – wenn man es einmal personifizieren
darf – es anders überlegt zu haben, pfeift auf diesen Song
und streut am vierten Tag Schauer auf Schauer aus dem Pazifik auf die
Küste. Der nächste Tag war noch etwas heftiger – ein Besuch
im berühmten Golfclub Torrey Pines, dem Golfclub von Tiger Woods,
bestand daher nur in einem kurzen Huschen unter dem Regen hindurch in
den Pro-Shop, verbunden mit einem kurzen Blick auf die ersten und letzten
Bahnen.
Zum Glück hatten wir da die beschriebenen Aktivitäten und Sehenswürdigkeiten
bereits absolviert.
Eine Woche ist natürlich eine ausgesprochen kurze Zeit um alles zu
sehen, ohne auch die persönlichen Kontakte zu vernachlässigen.
Aber es reicht, um einen Eindruck vom äussersten Südwesten der
USA zu bekommen.
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Erschienen bei Books on Demand, 2006, Preis 18.50 EUR
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