Die Renaissance der Schüssler-Salze

Der moderne Mensch tendiert dazu, über Althergebrachtes ein wenig die Nase zu rümpfen, weil es angeblich überholt und unmodern ist. Aber gerade in der Medizin oder sagen wir besser Heilkunde sind bewährte Heilmittel gar nicht mehr wegzudenken, die immerhin ideenmässig zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden sind, nämlich die der Homöopathie des Dr. Hahnemann.
Ebenso verhält es sich mit den Schüssler-Salzen (auch Biochemie nach Dr. Schüssler genannt), deren Ursprung ebenfalls ins 19. Jahrhundert zurückgeht. Nicht nur die Therapeuten, sondern auch die Patienten interessieren sich zunehmend dafür. Einige Heilmittel-Firmen, darunter auch die Firma Nestmann, haben sie daher in ihr Programm aufgenommen. Denn sie sind hilfreich, wirksam und preisgünstig.
Es erscheint daher sinnvoll und notwendig, sich etwas näher mit dieser Therapieform zu beschäftigen, zumal sie durch ihre Einfachheit und leichte Nachvollziehbarkeit besticht.

Zur Geschichte der Schüssler-Salze
Dr. Wilhelm Heinrich Schüssler (1821 - 1898) wirkte eine Reihe von Jahren als naturheilkundlicher und homöopathischer Arzt in Oldenburg. Anfangs war er der Lehre Hahnemanns sehr zugetan, mit der Zeit entfremdete er sich von der reinen Lehre, wie Hahnemann es forderte, da ihm die Unzahl der homöopathischen Mittel einschliesslich der ständig neu hinzukommenden, durch Arzneimittelprüfungen gefundenen Heilmiittel einfach zu unübersichtlich wurde. Er meinte, kein Arzt könne am Krankenbett, von einigen akuten Ausnahmen abgesehen, schnell aus der Vielzahl der Homöopathika das richtige Mittel finden. So war er ständig auf der Suche nach Vereinfachungen.
Neue Impulse erhielt er aus der Schulmedizin, in der Virchow mit seiner Zellularpathologie Furore machte. Seine These war: Krankheit resultiere aus der Entgleisung der kleinsten Einheit des Körpers, der Zelle. Aus dieser Störung entwickelten sich pathologische Muster, die sich auf andere Bereiche fortsetzten.
Zugleich forschte der holländische Physiologe Moleschott über die Bedeutung der anorganischen Salze im Organismus. Seine Credo war, dass der Mensch nur gesund sein könne, wenn die Mineralsalze in Menge und Verhältnis zueinander korrekt seien. Unter den anorganischen Salzen verstand er die kohlenstoff-freien Bestandteile.
Auf diesen beiden damals revolutionären Erkenntnissen fussten die weiteren Recherchen Schüsslers. Er begann organische Substanzen zu verbrennen und die Asche zu untersuchen. Dabei fand er mit seinen damaligen bescheidenen Möglichkeiten 11 verschiedene Mineralien als Grundbestandteile.
Die Folgerung war natürlich, bei Erkrankungen zu prüfen, welche dieser lebenswichtigen Mineralien fehlte. Und hier hatte Schüssler die geniale Idee, nicht die Mineralien in ihrer Reinform als Substanz dem Kranken zuzuführen, sondern in homöopathisierter oder potenzierter Form. Diese Applikationsidee rührte mit Sicherheit aus seiner homöopathischen Tätigkeit.
Ihm lag nicht daran, Substanz zuzuführen, sondern durch die homöopathisierte Form die Zellen zu aktivieren oder zu stimulieren, das Fehlende besser zu resorbieren, um das Defizit auszugleichen und damit der Zelle wieder eine physiologische Funktion zu ermöglichen.
Schüssler lehnte daher den Begriff Homöopathie für seine Mittel ab und sprach von "Biochemie", wobei dieser Begriff natürlich nicht mit dem heutigen, viel umfassenderen Begriff der Medizinischen Sparte Biochemie verwechselt werden sollte.
Eigentlich waren es anfangs nur 11 Mittel, die Schüssler fand, dann nahme er ein zwölftes hinzu, das er aber säter wieder verwarf. Es hat sich jedoch eingebürgert, von insgesamt 12 biochemischen Mitteln zu sprechen.
Mit fortschreitender Erkenntnis entdeckte man weitere Stoffe, aus denen sich die anfangs 5, später 12 Ergänzungsmttel rekrutieren. Wie überall in der Medizin gibt es hier verschiedene Ansichten. Manche Puristen lehnen die Ergänzungsmitel ab, andere befürworten se. Wie immer liegt die Wahrheit in der Mitte.
Wir setzen in der Praxis auch einige der Ergänzungsmittel ein, jedoch soll im Rahmen dieses Artikels der Schwerpunkt auf die zwölf Basis-Mittel gelegt werden.
Die chemische Zusammensetzung bzw Konfiguration der einzelnen Mittel ist weiter unten in einer Tabelle aufgelistet.

Die Nummerierung der Salze hat nichts mit einer Priorität zu tun, sondern ist rein alphabetisch. Die Nr. 12 Calcium sulfuricum fällt etwas aus dem Rahmen, es wurde von Schüssler erst aufgeführt, dann wieder verworfen. Nachfolger haben es daher als Nr. 12 wieder hinzugefügt.

Chemische Konfiguration
Zur besseren Übersicht ist hier die chemische Konfiguration der einzelnen Mittel dargestellt

Nr. 1 Calcium fluoratum (Kalziumfluorid) CaF2
Nr. 2 Calcium phosphoricum (Kalziumphosphat) CaHPO4 x 2 H2O
Nr. 3 Ferrum phosphoricum (Eisenphosphat) FePO3 x 4 H2O
Nr. 4 Kalium chloratum (Kaliumchlorid) KCl
Nr. 5 Kalium phosphoricum (Kaliumphosphat) KHPO4
Nr. 6 Kalium sulfuricum (Kaliumsulfat) K2SO4
Nr. 7 Magnesium phosphoricum (Magnesiumphosphat) MgHPO4 x 3 H2O
Nr. 8 Natrium chloratum (Natriumchlorid) NaCl
Nr. 9 Natrium phosporicum (Natriumphosphat) Na2HPO4 x 12 H20
Nr. 10 Natrium sulfuricum (Natriumsulfat) Na2SO4
Nr. 11 Silicea (Siliciumdioxid) SiO2 x H2O
Nr. 12 Calcium sulfuricum (Calciumsulfat) CaSO4 x 2 H2O


Wie wirken die Mittel - Versuch einer Erklärung
Kritiker bemängeln immer an der Methode der Biochemie, dass ja das Mineral viel zu sehr "verdünnt" sei, um ein Defizit im Körper auszugleichen. Wenn man vom rein quantitativen Denken ausgeht, haben sie (die Kritiker) natürlich recht. Mit einer D 12 (immerhin eine homöopathische Verdünnung von einer 1 zu einer 1 mit 12 Nullen = 1 Billion) kann man keine Substitution im herkömmlichen Sinn betreiben. Aber die Wirkungsweise der Mittel muss man anders sehen. Sie wirken mehr im Sinn eines Einschleusungs-Effekts, sie sorgen dafür, dass die jeweiligen Bestandteile der Nahrung als auch die Inhaltsstoffe von Nahrungsergänzungsmitteln oder Mineralstoff-Präparaten vom Körper besser resorbiert werden - was ja nicht immer der Fall ist - immer vorausgesetzt, man nimmt sie homöopathiegerecht ein, d.h. nicht zu den Mahlzeiten, sondern immer getrennt davon.
Ein gutes Beispiel sind die konventionellen Eisenpräparate. Sie werden von der Mehrzahl der Patienten nicht vertragen - sie bekommen entweder Verstopfung oder einen schwarzen Stuhl oder beides. Das Schüssler-Salz Nr. 3 Ferrum phosphoricum hingegen wird gut resorbiert. Wer dazu noch den Saft der Roten Beete trinkt, tut sehr viel für den lebenswichtigen Eisenbedarf. Eine weitere Wirkung scheint darin zu bestehen, dass sämtliche Mineralien im Körper im Sinn einer Eubiose besser dahin gelangen, wo sie gebraucht werden bzw wo ihr eigentliches "Einsatzgebiet" ist, um es einmal etwas salopp zu umschreiben.

Die Wahl des richtigen Mittels
Zum Glück, so darf man viellleicht sagen, gibt es nur zwölf verschiedene Basis-Mttel, so dass die Auswahl nicht ganz so schwer ist wie bei den Einzel-Homöopathika, von denen es doch immerhin ca 3000 verschiedene gibt.
Es gibt verschiedene Wege zum richtigen oder den meist mehreren richtigen Mitteln.
Eine Möglichkeit ergibt sich aus der Anamnese und der Betrachtung des Zustandes des Patienten.
Es gibt die Möglichkeit, mit der Vegatest-Methode erst einmal den Mangel an verschiedenen Mineralien auszutesten. Für diese Methode der Elektroakupunktur existiert ein Testsatz, mit dem man dieses überprüfen kann.
Aus meiner langjährigen Erfahrung mit dieser Methode können folgende Mineralien angegeben werden, bei denen die häufigsten Defizite bestehen: Calcium, Eisen, Silicea, weiterhin Magnesium, Zink, Kalium und Kupfer, erst dahinter Selen. Einen Mangel an Fluor konnte ich bei Erwachsenen noch nie feststellen.
Um einige Globalhinweise zu geben: Eine Selbstverständlichkeit ist der Mangel an Calcium bei Osteoporose und ihres dentalen Ablegers, der Parodontose. Eine Bindegewebsschwäche sowie Gelenk-Probleme erfordern immer Kieselsäure (Silicea). Hoher Blutverlust durch Wunden oder durch die Menses bedarf des Mittels Nr. 3 Ferrum phosphoricum.
Nicht für alle Mineralien ist ein Schüssler-Salz vorhanden, so dass man oft auch die Homöopathie zu "Hilfe" nehmen muss bzw Komplexmittel, in denen eines der Mineralien enthalten ist.
Eine weitere Möglichkeit ist die Antlitzdiagnostik nach Hickethier, die auf Grund verschiedener Zeichen im Gesicht die jeweils notwendigen Heilmittel findet. Diese Diagnose geht auf Kurt Hickethier zurück, der sie als "Sonnerschau" bezeichnete. Sie kann in Seminaren erlernt werden (Infos bei Herrn Friedrich Depke, Im Kirschengarten 6 - 8, 56132 Kemmenau)
In meiner Praxis geschieht die Auswahl mit der Elektroakupunktur bzw dem Vegatest-Verfahren. Von den jeweiligen Mitteln wurden Testampullen erstellt, womit die Testung durchgeführt wird. Manche Firmen, die Schüssler-Salze herstellen, haben auch Testampullen im Angebot, so dass man sich die Arbeit ersparen kann.
Die meisten Firmen, so auch die Firma Nestmann, haben die Schüssler-Salze in zwei Potenzierungen vorliegen: Als D 6 und als D 12.
Für den "Nicht-Tester" sei folgender Tip gegeben: Je höher das Defizit bzw der Mangel, desto eher wird man zur D 6 greifen. Geht es mehr um Stimulierung oder Steuerung, so ist die D 12 des jeweiligen Mittels die geignete Potenz.

Einige Kurzbeschreibungen
Es würde zu weit führen, in einem Artikel eines monatlichen Periodikums sämtliche 12 Basismittel ausführlich zu beschreiben. Es geht mehr darum, das Augenmerk wieder auf eine bewährte Methode zu lenken.
Aber einige Stichwörter für den eiligen Leser sollen den Zugang erleichtern.

Biochemie Nr. 1 Calcium fluoratum
Es eignet sich zur Unterstützung der Zahnhärtung, solange die Zähne noch im Kiefer und nicht durchgebrochen sind, also für Kinder und Jugendliche. Es hat ferner eine stärkende Wirkung auf Arterien- und Venenwände sowie auf verhärtete Sehnen und Muskeln
Biochemie Nr. 2 Calcium phosphoricum
Es ist das Mittel zur physiologischen Festigung des Knochens bei Kindern, Heranwachsenden und vor allem bei weiblichen Patienten nach der Menopause. Nach chirurgischen Eingriffen dient es der Regeneration von Wunden mit Knochenbeteiligung, ebenso nach Unfällen. Unverzichtbar ist es bei Osteoporose und seiner dentalen Form, der Parodontose.
Biochemie Nr. 3 Ferrum phosphoricum
Das bewährteste Mittel bei Eisenmangel und Blutverlust, besonders bei den Menses. Es wirkt energiefördernd und aktivierend. Für Kinder gut geeignet, wenn sie müde von der Schule oder nach dem Sport nach Hause kommen. Es sollte aber nicht so spät abends eingenommen werden.
Biochemie Nr. 4 Kalium chloratum
Zur Unterstützung bei sämtlichen Prozessen der Nasennebenhöhlen.
Biochemie Nr. 7 Magnesium phosphoricum
Es ist der Stress-Kompensator bei den Schüssler-Salzen. Weiterhin ein wichtiges Mittel neben dem Kalium phosphoricum Nr. 5 bei Herzerkrankungen bzw bei verminderter Herzleistung
Biochemie Nr. 11 Silicea
Das Bindegewebe führt in der Schulmedizin ein Aschenputteldasein. Es ist nicht mehr als eine Kittsubstanz. Seit den Forschungen von Prof. Pischinger wissen wir jedoch um die exorbitante Wichtigkeit dieses Bindegewebes oder Mesenchyms. Sämtliche Informationen und Nährstoffe müssen von den Kapillaren in die Parenchymzellen durch dieses Mesenchym hindurchgeschleust werden. Und nicht nur das, auch die Abfallprodukte, die auf Grund der unglaublich vielfältigen biochemischen Reaktionen in jeder Zelle entstehen, müssen wieder beim Abtransport in die venösen Kapillar-Schenkel bzw ins Lymphgewebe durch das Mesenchym hindurch.
Somit ist das Mesenchym wahrhaftig ein Garant der biochemischen Lebensprozesse bzw Lebensgrundlagen.
Bei der Gesunderhaltung des Bindegewebes spielt Silicea in der potenzierten Form als Schüssler-Salz eine ausserordentlich wichtige, nicht zu unterschätzende Rolle.
Die Beweglichkeit und die periphere Versorgung werden verbessert.

Es gibt über das Thema Biochemie oder Schüssler-Salze in der Zwischenzeit in fast jeder Buchhandlung eine Vielzahl von Büchern, so dass sich der Interessierte ein noch umfassenderes Bild über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten machen kann.
Wer wirklich Prophylaxe betreiben will und zugleich auch die Gesundheitskosten in einem bezahlbaren Rahmen halten will, sollte sich mit diesem Gebiet der Biologischen Heilkunde unbedingt näher beschäftigen.

Literatur
Schleimer, J., Salze des Lebens, Verlagsbuchhandlung J. Sonntag 1984
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Dr. Dietrich Volkmer

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